Mittwoch, 13. Juli 2016

Zur zweihundertsten Wiederkehr des Geburtstages

... des Schriftstellers Gustav Freytag, geb. am 13. Juli 1816 in Kreuzberg (Schlesien), hat die PAZ vor einigen Tagen einen lesenswerten Artikel veröffentlicht:
Fast ausradierter Autor
Zum 200. Geburtstag des Schlesiers Gustav Freytag – Sein Roman »Soll und Haben« reizt viele Gemüter

Der schlesische Autor Gustav Freytag ist seit 1945 von der Literaturwissenschaft regelrecht ge­ächtet. Dem Schöpfer des Ro­mans „Soll und Haben“ wird pos­tum Antisemitismus vorgeworfen – eine Anklage, mit der er zu Lebzeiten nie konfrontiert wurde. 

1855 erschien im Leipziger Verlag Salomon Hirzel der Bildungsroman „Soll und Haben“, der seinen Autor Gustav Freytag auf Anhieb zu einem der bekanntesten deutschen Autoren machte. Das Buch über einen rechtschaffenden Breslauer Kaufmanns-Lehrling wurde ein über die Jahrzehnte millionenfach verkaufter Bestseller, zumal dieser Lobgesang auf das Bürgertum die Leser mit Intrigen, Kriegsfehden und Liebesszenen bestens unterhält. 

Wäre da bloß nicht ein Jude namens Veitel Itzig, der in Breslau als Gegenspieler des Lehrlings – Achtung, Nomen est omen! – Anton Wohlfahrt alle Klischees in sich vereinigt, die man mit einem Juden früher verbunden hat: unehrlich, geldgierig, fies. Übertroffen wird diese Karikatur des Bösen nur von Fagin, dem jüdischen Hehler aus Charles Dickens Roman „Oliver Twist“. Während aber Dickens weltweit als Klassiker gefeiert und gelesen wird, liegen die Dinge bei Freytag anders. 
Nun ist es nicht so, daß LePenseur ein besonderer Fan der doch eher bieder-bescheidenen Romankunst Ferytags wäre, an "Soll und Haben" kaute er mit langen Zähnen herum und hat den Schinken einfach nicht fertiggebracht. Dennoch: trotz mancher Kritik wußte auch ein Fontane diesen (und andere!) zu loben, und daß Fontane eine Ahnung von Literatur hatte, wollen wir doch unbesehen glauben. So schlecht, wie er jetzt gemacht wird, kann Freytag also nicht sein!

Daß sein monumentaler Romanzyklus "Ahnen" nur schwer lesbar ist (und bleiben wird!), und nie die Popularität von Felix Dahns "Kampf um Rom" erreicht hat, zeigt die Grenzen von Freytags Talent auf. Rechtfertigt aber nicht die damnatio memoriae, die seit 1945 über ihn verhängt ist ...

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

"Sonn und Haben", den großen Kaufmannsroman, habe ich ohne Mühe und mit Spannung zu Ende gelesen.
Ja, er hat darin bösartige Juden gezeichnet.
Heute wissen wir, daß Juden nicht bösartig sind. Nie. Selbst bei Organraub nicht.

Aus CDU-Kreisen ist mir dieser Witz in Erinnerung:
"Was sind die drei dünnsten Bücher der Welt?"
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1. Das Kochbuch englischer Nationalgerichte.
2. Das Buch italienischer Heldensagen.
3. Der Ehrenkodex des jüdischen Kaufmannes.

Mit maximalem BSE (Bestürzung - Sorge - Entsetzen) distanziere ich mich von diesem Witz!

Kreuzweis

David hat gesagt…

Organraub ist ja auch eine typisch jüdische Eigenschaft, nicht wahr? Und alle Kaufleute - außer den jüdischen - haben natürlich einen Ehrenkodex.

Wenn ich solchen Schwachsinn lese, dann weiß ich, hier ist mal wieder in Pali-Versteher am Werk und biegt sich die Welt ganz nach seinem Belieben zurecht. Viele Bewunderer findet er ja allüberall. Zumal in Deutschland.

Le Penseur hat gesagt…

Cher David X,

ob Kollege Kreuzweis ein "Pali-Versteher" ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Und wohl auch der Ihren (außer Sie kennten ihn oder hätten hellseherische Fähigkeiten).

Was Sie ihm aber unterstellen, ist aus seinem Posting freilich nur teilweise 8bis gar nicht) zu deduzieren:

"Organraub ist ja auch eine typisch jüdische Eigenschaft, nicht wahr?"

... ist Ihre (allzu) freie Interpretation eines erkennbaren "obiter dictum" des von Ihnen Kritisierten.

Und alle Kaufleute - außer den jüdischen - haben natürlich einen Ehrenkodex.

... auch dies ist aus dem Posting nicht zu entnehmen. Höchstens, daß in diesem Witz jüdischen Kaufleuten eine geringere ehrenhaftigkeit unterstellt wird. Was aber mit dem von Ihnen behaupteten "alle ... - außer den jüdischen ..." nicht gleichbedeutend ist.

Viele Bewunderer findet er ja allüberall. Zumal in Deutschland.

Auch über die Zahl von Kreuzweisens Bewunderern kann ich keine Aussagen treffen. Sollte er sie haben, treten sie - wenigstens auf diesem Blog - nicht wirklich aktiv hervor.

Und was (außer einer schäbigen Kollektivschuld-Insinuation) der Nachsatz "Zumal in Deutschland" bedeuten soll, erschließt sich mir nicht.

Da weder meine Geduld, noch meine derzeit recht knappe Freizeit es zuläßt, hier eine sich anbahnende pro/kontra-Israel/Palästinenser-Diskussion zu moderieren, und ich endenwollenden Wert auf Gefuchtel mit Faschismuskeulen lege, mache ich von meinem Recht als Blogautor gebrauch, und sistiere mal die Kommentarfunktion zu diesem Artikel.

Sollten Sie (oder Kollege Kreuzweis) sich bemüßigt fühlen, diese Kontroverse in andere Threads zu verlagern, werde ich ggf. auf komplette Moderation zwecks allseitiger Abkühlung schalten.

Verstanden? Ich hoffe es wenigstens ...