Samstag, 8. November 2014

Als finanziell gesicherter, politisch längst entmachteter 83-jähriger Witwer

... hat man wenig, was man noch fürchten muß, außer seinen Tod. Und seinen Nachruf. Und so ist wohl verständlich, daß Michael Gorbatschow jetzt Klartext redet:

Gorbatschow: Westen brach Zusagen von 1989

Gorbatschow am Freitag am Checkpoint Charlie
Gorbatschow am Freitag am Checkpoint Charlie / Bild: imago/Hannelore Förster 

Der Ex-Sowjet-Führer kritisiert den Westen bei den Feiern zum 25. Jahrestag des Mauerfalls in Berlin scharf: "Die Welt ist an der Schwelle zu einem neuen Kalten Krieg."
 (DiePresse.com)
 Bei den Feiern zum 25. Jahrestag des Mauerfalls in Berlin hat der frühere sowjetische Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow schwere Vorwürfe gegen den Westen erhoben. Im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt sagte er am Samstag: "Die Welt ist an der Schwelle zu einem neuen Kalten Krieg. Manche sagen, er hat schon begonnen."
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Er kann davon ausgehen, daß unsere transatlantischen Politruks ihn in Hinkunft nicht mehr einladen werden. Diverse »Think-Tanks« und andere Lobby-Vereine der East-Coast und ihrer Geheimdienste, die die Welt mit Zuckerbrot (Vortragshonorare, Bestechungsgelder, Bauchpinselung bei Bilderberger- und Trilateral-Treffen, »Macht«-Beteiligung in der Regionalsatrapie etc.) und Peitsche (Farben- »Revolutionen«, arabische und sonstige »Frühlinge«, und, wenn das nicht reicht: »Desert Storm« & Co.) beherrschen, werden ihn jetzt fallen lassen wie eine heiße Kartoffel (oder einen Ebola-Infizierten). Nein, umbringen werden sie ihn wohl nicht — macht zu viel Aufsehen, und in absehbarer Zeit ist er ohnehin tot. Aber Gorbatschow wird es einkalkuliert haben. Und ihn wird einfach der Ekel über dieses ganze Pack so gewürgt haben, daß er sich einfach sagte: »Jetzt oder nie!«

Ich habe Gorbatschow nie für einen großen Staatsmann gehalten. Zu sehr war er gewandter Funktionär, blendender Rhetoriker (auch ganz ohne Teleprompter) — Taktiker, nicht Stratege der Politik. Und in entscheidenden Momenten einfach unentschieden abwartend. Aber jetzt stehe ich nicht an zu sagen: war er vielleicht auch kein großer Staatsmann — ein großer Mensch ist er zweifellos! Und das ist mehr — viel mehr! — als ich über all seine Kontrahenten sagen könnte. Verglichen mit Obama, Merkel, Hollande, Cameron, und wie sie alle heißen ... ach was: vergleichen kann man ihn mit diesen elenden Opportunisten überhaupt nicht mehr. Es wäre wie ein Vergleich zwischen einem honorigen Kaufherrn und einem durchtriebenen Finanzhai, oder zwischen Mozarts Requiem und der Bartwurst des European Song Contest ...

Manche Menschen haben in einem kurzen Leben bemerkenswerte Taten gesetzt und sich schon in jungen Jahren in die Geschichtsbücher untilgbar eingetragen: Alexander der Große, zum Beispiel. Andere mußten alt werden, um die Größe und Würde ihrer menschlichen Statur erkennbar werden zu lassen. Gorbatschow gehört offensichtlich zur zweiteren Kategorie. Aber wichtiger ist: er hat eben die Größe und Würde — und für all die Billionen, die ihnen von den Yellens, Draghis & Co. gedruckt werden, könnten die Obamas, Merkels & Co. dieser unserer Welt sich diese nicht kaufen.

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