Freitag, 18. Oktober 2013

Zum 18. Oktober 1813

... hat der Blog »Silvæ« einen lesenswerten Artikel über Prof. Henrich Steffens verfaßt. Gediegen professoral — so »von Professor zu Professor«, sozusagen ...

Es wäre freilich kein Artikel eines deutschen Professors, der seine Karriere in der sozialliberalen Ära vorantrieb, gäbe es da nicht die scheints unvermeidlichen Schlenkerer und Seitenhiebe — natürlich nur gegen eines Seite, versteht sich! Und so beschert uns der Autor, nach eigenem Bekunden emeritierter Universitätsprofessor, einen leichthin abschätzig sein wollenden letzten Absatz:
Die Geburtsstunde des deutschen Nationalismus bringt uns ein schwieriges Erbe. Wir wissen alle, was Goebbels aus der ersten Zeile (Das Volk steht auf, der Sturm bricht los) von Körners Gedicht Männer und Buben gemacht hat. Bei der Recherche im Internet bin ich auf etwas ganz ➱Seltsames gestoßen. Da wird über den Dichter, der Der Gott, der Eisen wachsen ließ, der wollte keine Knechte schrieb, gesagt: Dichter, die damals zum Kampf gegen die Franzosen aufriefen, werden von linken Antifanten heute verteufelt. So wollten die Roten schon immer den patriotischen Dichter und Freiheitskämpfer Ernst Moritz Arndt als Namensgeber der Uni Greifswald auslöschen, wie die kommunistenfreundliche ZEIT bereits vor Jahren anmahnte. Derartige Versuche der verblödeten Presse und Studentenschaft gehen bis heute weiter! Aber hallo, was ist denn hier los? Die Klatschenkallis laufen offenbar frei herum. Der Blog heißt ➱Politically Incorrect und hat angeblich jeden Tag beinahe 100.000 Besucher. Das Netteste, was ich über so etwas sagen kann, ist die Hoffnung, dass es ein Satire Blog ist.
Leider glückte es mir nicht (bei den doch eher strengen Sicherheitseinstellungen meines Computers ist halt manches nicht so einfach, wie es bei laxerem Herangehen wäre), folgenden Kommentar auf seinem Blog zu hinterlassen. Nun also quasi als »offener Brief« bei mir:
Sehr geehrter Herr Professor!

Außer daß Sie diejenigen, die die Umbenennung der Greifswalder Uni nicht goutieren, als »Klatschenkallis« verhöhnen — haben Sie auch sachliche Argumente anzubieten? Oder wollen Sie uns etwa erzählen, es wäre gänzlich Ihrer Aufmerksamkeit entgangen, daß diese Umbenennung von »antifaschistischer«, d.h. linksextremer & grüner Seite, seit geraumer Zeit massiv vorangetrieben wird? Wenn sich das sogar bis nach Österreich, wo ich lebe, durchgesprochen hat.

Man kann zweifellos die Assoziation zwischen den Freiheitskämpfen von 1813/14 und der jetzt auf einmal bekämpften Benennung einer Universität als zu weit hergeholt ansehen — aber das berechtigt auch Sie, Herr Professor, nicht, deshalb alle, denen das Andenken an Ernst Moritz Arndt offenbar etwas bedeutet, als »losgelassene Klatschenkallis« zu diffamieren. Es sei denn, Sie sind bereit der Tatsache ins Auge zu sehen, daß Sie dann um keinen Deut auf höherem Niveau argumentieren als besagte angebliche Klatschenkallis.

Noch eines: Ihre zu offenkundig bloß vorgetäuschte Hoffnung, es handle sich bei PI um einen Satireblog, nimmt Ihnen niemand ab. PI ist inzwischen so bekannt, daß man eine diesbezügliche Fehleinschätzung wohl nicht glaubhaft vortragen kann (es wäre etwa so, wie wenn ich den »Spiegel« oder die »Zeit« als Satire-Magazin interpretieren wollte).

Damit wir uns recht verstehen: PI steht — im Gegensatz zu Ihrem Blog — schon seit langer Zeit nicht auf meiner Blogroll, und das hat seine guten Gründe: PI braucht meine Werbung nicht, mein kleiner Blog hingegen wäre durch den Linkverweis auf ein doch ganz anders gewichtiges und gewichtendes Internetmedium irgendwie in eine bestimmte Richtung hin »präjudiziert«, und genau das will ich vermeiden. Aber ich gehe deshalb nicht her und bezeichne die Autoren von PI einfach so als einen Idiotenhaufen. Und schon gar nicht aus Ihren Gründen.
Ich bezweifle zwar, daß so ein Hinweis an den Herrn Professor auch nur irgendwas fruchtet — aber meine Leser haben sicherlich ihr gutes Recht zu erfahren, wo ich mit Leuten, auf deren Seiten ich verlinke, nicht übereinstimme.

5 Kommentare:

Der Heide hat gesagt…

Chapeau!

(Ich würde noch schnell »gewichiges« korrigieren und dann stimmt alles.)

Le Penseur hat gesagt…

Danke, lieber Heide, der Tippfehler wurde schon ausgebessert.

Jetzt warte ich eigentlich nur auf die Reaktion des Herrn Professors (vermutlich lange bis ewig) ...

Anonym hat gesagt…

Dieses Würstchen blubbert über Steffens' nicht vorhandene militärische Ausbildung - ich hatte eine. War mir zwar damals nicht lieb, aber allgemeiner Brauch.
Es hat auch mehr genutzt, als geschadet.
Als von niederer Herkunft, bin ich aber auch im Arnis de Mano und im Kobudo nicht ganz unbeleckt. Gewisse Exerzitien halten eben frisch und knusprig, bedienen die primärnarzisstische Regression, und sind in öffentlichen Verkehrsmitteln praktisch anwendbar.

quer hat gesagt…

Hier ein gutes Buch, welches ich gerade lese:

1813 - Die Völkerschlacht und das Ende der alten Welt. A. Platthaus ISBN 978 3 87134 749 8

Einen ähnlichen (noch tieferen) Bruch gab es 100 Jahre später: 1914. Hierzu auch gleich eine Empfehlung: Clark: Die Schlafwandler.

Eigentlich sollte man beides hintereinander lesen. Sehr erhellend.

Anonym hat gesagt…

Schade, dass Sie den Brief nicht abgeschickt haben.

Spätestens bei "... haben Sie auch sachliche Argumente anzubieten?" hätte der mit seiner flachen Hand auf die Stirn geklatscht "Mensch" hätte der gesagt "ich rede hier so daher, obwohl ich meine negativen Wertungen gar nicht begründen kann. Das ist eines Professors unwürdig und genaugenommen ein Verstoß gegen elementare wissenschaftliche Grundsätze. Ich würde doch niemals eine Arbeit meiner Studenten passieren lassen, die argumentativ so schwach ist wie mein Vortrag hier.
Vielen Dank für den kritischen Hinweis, verehrter LePenseur.
Nach Ihren Hinweisen habe ich meine Arbeitsweise an wissenschaftliche Standards (die mir, woher sollte ich als Prof. davon auch wissen?, bis dahin unbekannt waren) angepasst. Von jetzt an werde ich systemkritische Blogs nicht mehr allgemein schlechtmachen, sondern nur noch im Hinblick auf sachliche Fehler kritisieren. Und sollte ich dort keine Fehler feststellen, werde ich über die nur noch gutes sagen."