Sonntag, 31. Mai 2009

Von Präsidenten verschiedener Art

Österreichs Qualitätsmedium »Die Presse« weiß vom israelitischen Kultusgemeindepräsident Muzicant interessante Neuigkeiten zu berichten:

Zu der Diskussion rund um die Abwahl Grafs will Muzicant "keine Ratschläge erteilen", die Verantwortung liege bei der Politik.

Ein wunderschöner Satz, den man sich auf der Zunge zergehen lassen muß! Und der aus dem Handbuch für Inquisitoren stammen könnte. Damals hat das Inquisitions­tribunal den durch Folter "überführten" Ketzer bekanntlich mit dem Satz "Ecclesia non sitit sanguinem" ("Die Kirche lechzt nicht nach Blut") dem "weltlichen Arm der Justiz" übergeben, nicht ohne den weltlichen Richter zu bitten, das Leben des kirchlich Verurteilten "nach Möglichkeit" zu schonen. Nur leider, wie die Verhältnisse eben so waren: die Möglichkeit bestand halt nie, und so wurde der Ketzer vom "welt­lichen Arm" regelmäßig zum Tode verurteilt. Der Richter wußte nämlich, daß er sonst demnächst selbst vor dem Inquisitionstribunal eine Verhandlung in eigener Sache erleben, aber nicht überleben würde ...

Nicht anders hier: selbstverständlich will der feine Präsident seine Hände nicht schmutzig machen am politi­schen Geschäft. Aber wo denkt man hin, wird er doch keine Ratschläge geben wollen. Aber sagen wird er wohl noch dürfen, daß das nicht gehen wird, und daß der Graf gefälligst gehört zurückgetreten.

Bis dato wurde zwar kein einziger nachvollziehbarer Grund genannt — außer die bloße Tatsache der Kritik an israelitischen Kultusgemeindepräsidenten wäre bereits ausreichend, daß ein Politiker "untragbar" ist. Dann sollte man die "Republik Österreich" allerdings eher in "Gottesstaat Österreich" (zionistische Abteilung) umbenennen. In der Vergangenheit und gegenüber Spitzenrepräsentanten anderer Religionsgemeinschaften wurde es jedenfalls nicht so gehandhabt. Ich erinnere an höchst deftige Ansagen z.B. gegen die katholischen Bischöfe Krenn und Laun von Grün- und LiF-Politikern, die deshalb auch nicht ihre Posten räumen mußten.

Zurück zum "Fall" des Präsidenten Graf: weder von den mit Schaum vor dem Mund agierenden Politikern, noch vom traditionell bedenkentragenden Herrn Bundespräsidenten (der klärende Worte bei vielen anderen Geschehnissen erkennbar vermissen läßt), und schon gar nicht in den Medien wurde bislang dargelegt, was jetzt eigentlich an der Frage Grafs so schrecklich ist, daß ihn allein die Fragestellung schon zur Unperson macht. Der Verdacht will nicht und nicht weichen, daß hier einfach ein lästiger politischer Konkurrent aus dem Weg geräumt werden soll — koste es, was es wolle. Und daß die Nazi-Keule dazu als Kampfinstrument gerade recht ist.

Muzicant hat in höchst hetzerischer Weise Pauschalurteile über FPÖ-Anhänger ("Alt- und Neonazis", "Kellernazis") geäußert. Er hat einen sicherlich nicht die feine Klinge führenden Generalsekretär Kickl mit Goebbels (also einem NS-Kriegsverbrecher, der für die Er­mordung unzähliger Menschen die Verantwortung trägt) verglichen und diesen geradezu monströsen Vergleich trotz Hinweis auf die Ungeheuerlichkeit eines solchen Vorwurfs ausdrücklich nicht zurücknehmen wollen.

Nun fragt Graf (bzw. meint, daß sich möglicherweise die Bürger fragen könnten) bezüglich eines dergestalt hetzenden Muzicant, ob man ihn nicht als »Ziehvater des antifaschistischen Linksterrorismus« bezeichnen müßte angesichts der gewalttätigen Ausschreitungen von linker Seite bei der Demonstration gegen die Errichtung einer neuen Moschee in Wien. Das ist sicherlich nicht nett, das ist nicht diplomatisch — keine Frage! Aber es ist bloß eine symmetrische Erwiderung auf den seinerzeitigen Vorwurf eines Grünpolitikers, der damalige FPÖ-Chef Jörg Haider wäre der »Ziehvater des rechtsextremen Terrorismus«, wiewohl rechts­extremer Terrorismus in Österreich im Gegensatz zu linksextremen Terrorakten (z.B. Palmers-Entführung, Anschlag auf die Hochspannungsleitung bei Eber­gassing etc. etc.) keine wahrnehmbare Rolle spielte und spielt!

Grafs Replik auf Muzicants vorherige hetzerische Äußerungen ist eigentlich noch als moderat zu bezeichnen. Auch Kultus­gemeinde-Präsidenten stehen nicht außerhalb der Kritik, insbesondere, wenn sie sich in solcher Weise parteipolitisch betätigen. Es wäre also berechtigter zu fragen: ist eigentlich ein Dr. Muzicant als Kultusgemeindepräsident noch tragbar?

Aber diese Frage wird wohl rein theoretisch bleiben: er hat dank der parteitaktischen Zusammenarbeit mit der SPÖ genau jenen Fuß in der Tür des Staates, der verhindert, daß man ihn vor diese setzen könnte. Und so kann er weiter Forderungen nach "Wiedergutmachung" stellen, von denen er sicher sein kann, daß eine willfährige SPÖ-Politik sie bewilligen wird — die Politiker zahlen's ja nicht, sondern ohnehin nur der Steuerzahler.

Das Geschäft ist geschickt konzipiert: Muzicant verhindert durch seine Wortmeldungen, daß der "Ausrutscher" einer Koalition rechts der Mitte, die im Jahr 2000 die SPÖ nach Jahrzehnten der Kanzlerschaft in die ungewohnte Oppositionsrolle brachte, noch einmal passiert — die Roten schanzen ihm dafür öffentliche Mittel für die Kultusgemeinde zu, und zeigen sich via Wiener Stadtverwaltung (die ja schon seit Jahrzehnten nur den verlängerten Arm der SPÖ-Wien darstellt) höchst entgegenkommend, was die Projekte des Herrn Dr. Muzicant in seiner Eigenschaft als Immobilienspekulant angeht. Warum also ein für beide Seiten profitables Geschäft nicht weiterpflegen? Es ist freilich ein Geschäft zu Lasten Dritter (nämlich der Meinungsfreiheit und der Steuerzahler) — und irgendwann wird der wachsende Unmut darüber wohl nicht mehr mit der Nazikeule niedergeknüppelt werden können ...

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